Gawen Ruin'amrun Severus

Gawen Ruin'amrun Severus

Rasse: Elf/Albáe, Geschlecht: männlich

Nickname: Gawen

Geschichte

Die Chroniken der Wanderer
Werk des Cenderon N’Althire
Menschlicher Schriftführer der königlichen Bibliothek
Kapitel 4


Ruin’amrun


Einer der letzten Gäste verlässt leise und in seinen Mantel vermummt das „Zur Grünen Echse“, in kleinen Wirbeln zieht der kalte Wind den Rauch der Pfeifen mit hinaus. Nur noch wenige zwielichtige Gestalten trinken mit lautem Grölen ihren Met und tauschen ihre Geschichten mit dem Wirt aus.
Meine nächste Geschichte hingegen handelt von Gawen Severus, gerufen Ruin’amrun, ein von der Größe her für unser Eins unauffälliger Elf, einen knappen Kopf kleiner als meine 1 Meter und 90 und zurzeit gerade in die flackernden Flammen des Kamins blickend. Das lange silbrige Haar, aufgrund der Flammen leicht rötlich schimmernd liegt auf der Kapuze des tiefblauen Umhangs, geteilt durch die aufrecht stehenden Elfenohren. Sie geben ein kurzes Zucken von sich, als sich die grölende Meute mit Getöse aus der Taverne entfernt und der Wirt wieder in der Küche verschwindet.
„Was versprochen ward, werde ich auch halten.“, meldet sich die helle Stimme Gawens zu Wort und er lässt seinen Umhang auf die Sessellehne neben sich fallen, wobei er sich nebenbei den verschlossenen Köcher abschnallt und auch den Stab vorsichtig auf den Sessel legt.
„Sagt Euch ‚Noldor’ etwas?“
Ich wende meinen Blick von der Mitschrift und schüttele mit kritischem Gesichtsausdruck langsam den Kopf.
„Ja… etwas… elfische Mythologie… oder?“
Der Elf verschränkt seine Arme vor der Brust und sein Blick verharrt stets auf dem züngelnden Orangerot der Flammen.
„Die Menschen scheinen ja doch ein gewisses Maß an Interesse an uns Fey zu haben. Vielleicht ist das die erste Bedingung dafür um Missverständnisse zu vermeiden die zu dieser unruhigen Zeit oft auftreten.“
Ein leises Seufzen ist zu hören.
„Wir sind die Noldor, die von Melian und Thingol verbannt und geächtet wurden, selbst unsere Sprache soll nach ihnen den Sprecher als reuelosen Mörder und Verräter von Blutsverwandten enttarnen. Viele von uns flohen unauffindbar und wohl noch mehr fielen Trophäenjägern in die Hand, die merkten, dass der König der Elfen uns nicht mehr beschützte. So kam ich, aus der Blutlinie des Sinthoras, der Euch eher bekannt sein wird als Meister der Magie, geboren auf Eressea und mittlerweile näher am Jahrtausend als an 500 Jahren auf dem Boden auf dem Du – sterblicher Besucher – verweilst.“
Gawen wendet seine grünen Augen kurzzeitig auf mich und mustert mich offensichtlich.
„Versucht Euch vorzustellen, von Euren Artgenossen getrennt zu werden und seine Herkunft ihnen gegenüber geheim halten zu müssen in einer Gesellschaft, die Lügen nicht duldet, um nicht in höchste Gefahr zu geraten. Ich versuchte die Zeit ihre schützende Hand über mich halten zu lassen und floh in den Turm Nevarsin, gewidmet dem Erbauer aller Länder, Schmied und Meister in allen Handwerken, Schaffer der Kunst, des Goldes, der Edelsteine tief in der Erde und bester Freund der Noldor unter den Valar – Aule. Auch war ich nicht der einzige Noldor dort, dieser Ort war geschützt vor der Außenwelt und außerdem perfekt geeignet für meine Studien.“
Gawen hockt sich hin und streckt eine Hand flach gegen die Flammen aus.
„Die Gelehrten… sie bringen die Grundelemente in die benötigte magische Form, sie glauben, dass sie durch das Streben nach Perfektion die höchste Reinheit erlangen können. Über Jahrhunderte hinweg haben wir studiert, unsere Kunst verfeinert, vervollkommnet und auf das Erscheinen der Übel gewartet, um die Reinheit unserer Magie unter Beweis zu stellen – oder der ewigen Vergessenheit anheim zu fallen. Fimbrethil, Envirathar, ach… und Valandil… mit ihm habe ich anfangs meine Feuer- und Windmagie geübt und perfektioniert. Er war auch derjenige, mit dem ich die Studien der Heilkräuter und ihre Anwendung und Wirkung bei dem Grauen Ancalagon gelernt hatten. Fröhliche Zeiten waren das damals für mich… sogar sehr…“
Der Magier schüttelt seinen Kopf langsam, lächelt dabei und nimmt seinen Stab – gut einen halben Meter größer als er selbst – von dem Sessel zur Hand. Im Innern hölzern, außen umfasst mit hartem Metall, zu einer Pflanzenranke verziert, die sich vom Boden zur Spitze des Stabes schlängelt.
„Die Vier Spitzen, das Kennzeichen… das Wappen Nevarsins. Und wendet Euren Blick hierher. Hier zwischen den Vier Spitzen die geschliffene Rubinkugel… eines der vielen Geschenke Aules an unseren Turm. Fürwahr, oft ließ er sich in den Gemächern nieder, besuchte uns und teilte einige Geheimnisse mit den Oberen Gelehrten des Nevarsin, die sie in den Schriftrollen in der Bibliothek aufbewahrten. Daher habe selbst ich einen Teil meines Wissens über uns Noldor, welches ihr Menschen wohl nie zu hören bekommt. Selbst ich – ein Albáe.“
„Albáe? Was bedeutet das?“
Unbeirrt fuhr er fort, als hätte er mich nicht einmal gehört.
„Die Albáe… mit euren Worten am ehesten ein Zusammenschluss der Unsrigen, auch Nachtelfen genannt. Gegründet von unseren Urvätern und gerichtet und geführt durch die Ältesten: Sinthoras, Caphalor, Natahlyel und Cryshania. Leider ist von unserem ehemaligen Herrschaftsgebiet nichts mehr übrig, wie auch von unserer glorreichen Hauptstadt Fáen. Wir sind verteilt, zerstreut über die Ländereien und viele wie ich sind auf stetiger Reise.“
Als ich aufhöre zu schreiben, erhebt sich der Alb und bewegt sich in Richtung Küche – genug Gelegenheit für mich, um ihn zu mustern. Er erscheint unter dem Umhang wenig auffällig: schwarze Stiefel, eine einfache dunkelbraune Hose und auch ein einfaches grünes Hemd. Seine Unterarme zieren silberne oder versilberte Armschienen mit den Mustern einiger Sternbilder. Was seine Ausrüstung angeht… der eben beschriebene Stab und ein seltsam verstärkter Köcher mit einem Verschluss darauf. Ich komme nicht mehr dazu, auf den Inhalt einzugehen, als Gawen zurückkommt, in der Hand einen Becher Wein haltend.
„Zieht der Köcher Eure Aufmerksamkeit derart auf sich? Es ist für mich einfach ein Aufbewahrungsbehälter – in der Mitte mit einer zusätzlichen Wand ausgestattet. Im unteren Teil befinden sich Kräuter… um Wunden zu versorgen, für Gifte und Gegengifte… ach ja und Tee“, lächelt er „und ein kleiner Mörser mit einer Schale, um deren Extrakte zu entnehmen. Im oberen Teil bewahre ich einige Fundstücke und Andenken auf, auch Münzen, ein kleines Buch und Feuer erzeugende Steine…“
Feuer erzeugend? Er ist doch ein Magier… oder nicht? Sagte er zumindest gerade… Auf meinen verwunderten Blick geachtet fügt er hinzu:
„…ich möchte ja nicht unbedingt Jedem präsentieren, dass ich die Kraft der Magie innehabe… zumindest nicht sofort.“
Einen Schluck des Rotweins genommen, legt er den Köcher/Behälter beiseite und nimmt mir gegenüber Platz. Mit der Aussage gerade hat er mir einen ziemlichen Respekt eingeflößt. Es wirkt zumindest so auf mich, obwohl ich ihm körperlich klar überlegen bin. Einfach seltsam.
„Ihr… Ihr erwähntet eine Reise. Wohin führt sie Euch?“
„Es war einfach so, wenn man stets die Selben um sich versammelt hat, lernt man irgendwann nichts Neues mehr. Was nützt es, seinen langjährigen Freund und dessen magische und kriegerische Fähigkeiten und Aktionen auswendig zu kennen, einen Feind aber nicht richtig einschätzen zu können? Auch die Bücher über die Kräuterheilmethoden habe ich gelesen und studiert und eben nichts mehr lernen können, was mir wichtig erschien. So machte ich mich fort als die Zeit uns bei den Anderen schon in Vergessenheit hat geraten lassen. Lange zog ich durch verschieden Ländereien, Gebiete und lernte immer wieder mehr. Aber nur von Neugierde, Wissbegier oder Wissen selbst kann man sich nicht ernähren. Ich ließ mich also zwischenzeitlich oft in kleineren und größeren Städten der Menschen nieder und verdiente mir etwas von ihrem Geld indem ich meine Heilkenntnisse anwendete. Meine einzige Bedingung dabei war, dass die Menschen mir täglich alle möglichen bei ihnen wachsenden Kräuter und Gräser für meine Forschungen brachten. Ohne dies führte ich strikt keine Heilungen durch, was mir nach einer Zeit den Beinamen einbrachte. Severus. Der Strenge. Diese Beinamen… auch Ruin’amrun. Feuerroter Sonnenaufgang. Wohl wegen des Rubins und meinen Feuerzaubern. Man bekommt vieles Derartiges auf Reisen, oft auch durch Ignorante und Dümmliche eurer Art, von wegen ‚Brise des Westens’ wegen eines einzigen Windzaubers und… ach ich schweife zu weit ab. Nur werde ich euch meinen wahren Beinamen nicht verraten und wieder Aufmerksamkeit auf mich lenken. Und bis euer Manuskript in die für mich falschen Hände gerät, bin ich schon längst weg.“
„Dürfte ich denn fragen wohin?“
„Ihr dürft, nur heißt es nicht, dass ich Euch alles genau verraten werde. Ich hörte etwas über einen Freund, den ich auf meinen Reisen kennen gelernt habe, der jetzt verschwunden ist und bereits von seinem Sohn gesucht werde. Mittlerweile habe ich eine Spur und bin hier nur auf der Durchreise. Und jetzt werde ich mich erst einmal ausruhen und mich in mein Gemach zurückziehen.“
Bevor ich auch nur einen Einwand äußern konnte, nimmt sich der Alb seine Habe, stellt den leeren Krug auf die Theke und steigt die Treppe hinauf. Ich beschloss erst einmal dieses Werk in eine bessere Formulierung zu bringen und Gawen bei Tagensanbruch meine Fragen zu Ende zu stellen, doch er war verschwunden noch bevor die Sonne ihre ersten warmen Fühler in unsere Richtung ausstrecken konnte. Vielleicht treffe ich ihn ja nochmals während meiner Studienreisen und kann ihn über den Ausgang seiner Suche befragen.