Yukow

Yukow

Rasse: Mensch, Geschlecht: männlich

Nickname: Yukow

Beschreibung

Ein weisser Halbmond schien auf dem rechten Oberschenkel zu prangen, das lederne Holsther hatte den blauen Jeansstoff mit stetiger Reibung und Schweiss ausbleichen lassen. An den Knien oeffnen sich fasrige Loecher, die Fuesse fest eingeschlossen in braunen, genagelten Stiefeln. Der silbrige Dorn der Sporen steht leicht gebogen nach hinten ab, dem unberuehten Unterbauch des Pferdes zugewendet, den Absatz locker im Steigbuegel. Ueber die zusammengerollte Decke hinter dem Sattel faellt der Staubmantel des Reiters, gleichmaessig haengen die Teile durch den Gehschlitz getrennt zu beiden Seiten des Pferdes hinab. Lueckenhaft ist die Phalanx der Patronen geworden, mehr als ein Drittel wurde schon aus dem Guertel genommen. Als Klecks Farbe haengt das rote Staubtuch abgewetzt ueber dem zerschlissene Hemd, schmutziges weiss schimmert durch das eine oder andere Loch. Seine Haende stecken in Handschuhen mit hohem Schaft, kleine Metallplatten sind auf dem Handruecken und Knoecheln der linken Hand angebracht. Ueber die von einer runden Sonnenbrille verdeckten Augen faellt der Schatten einer breiten Kraempe, im weissen Band des Schlapphutes stecken kleine Dinge wie Papierrollten oder Patronen. Wie ein riesiges Metronom schwingt der schwere langstielige Hammer am Sattelknauf gleichmaeßig vor und zurueck. Sein Griff ist lederumwickelt und etwa zwei Ellen lang, an dessen Ende sich ein massiver Hammerkopf befindet.

Geschichte

Immer wieder schwebte der olivgruene Trageriemen nur eine Handbreit ueber den ausgetretenen grauen Teer. Immer wieder dachte er, es muesse gleicht ueber den rauhen Boden schleifen, einen Kieselstein aufnhemen oder eine der trueben Pfuetzen Schneematsch beruehren. Doch es schien immer als wueder die Hoehe ausreichen, der Stein kleiner als angenommen. Genauso die Stiefelabsaetze. Undwirklich. Falsch. Genageltes Holz ausgetretener Lederstiefel mir Sporen knalle bei jedem Schritt markant auf den Fußgaengerweg, der Fuss hebte sich und verschwand fuer einen kurzen Moment fast foellig unter dem Saum des dreckigen Staubmantels.
Yukow's Blick ruht an den Hacken des Mantelstraegers und bewundert die gleichmaeßigen Schritte seines Mitmenschen, fasziniert von der einem Uhrwerk gleichen Praezesion wie Kolben gehen sie auf und nieder. naja, Mitmenschen? Er hatte noch nie auf seinem Weg zur Uni solch einen ungewoehnlichen Spaziergaenger gesehen. Taeglich legte er die Strecke von gut zwei Kilomentern zu Fuss zurueck, mindestens zweimal am Tag. Seit seiner Einschreibung und dem Entschluss ein Mitglied der geistigen Elite des Landes zu werden, so nannte es jedenfalls ein ueberaus selbstbewusster Professor und doch traf er noch nie auf so eine Person. Irgendwas stimmte nicht mit dem Mann, der schwarze Schlapphut sah falsch aus, die gebraeunten Finger am Haltegriff der Tasche unwahr als kaeme er nicht von dieser Erde.
Yukow war kein besonders guter Student. Er machte sich nichts daraus den genauen Wortlaut von Gesetzen auswendig zu lernen, ihm bloedsinnig erscheinde Paragraphen zu merken und jede Lesung nachzuarbeiten. Allerdings besaß er eine besondere Gabe die viele seiner Kollegen scheinbar missten, Recht und Unrecht erschien fuer ihn klar ohne dass er es mit Gesetzen haette belegen muessen. Er wusste was falsch war, was gegen das Gesetz lief, was die Regeln des friedlichen Miteinanders verletzten. Vorschriften der Judikative, gesammelt und in Buechern archiviert waren nur Ausschmueckungen im grossen Schachspiel um das Recht. Der Haken an der Sache war, sollte er jemals den Taeter und nicht das Opfer vertreten, wuerde er sich mit grosser Wahrscheinlichkeit eine Niederlage einraeumen muessen, denn nichts war dem jungen Studenten so zuwieder wie Verbrecher die sich mit Hilfe eines Anwaltes ihrer Strafe entziehen konnten. Am liebsten wuerde er jedesmal selbst Hand anlegen um den Abschaum des menschlichen Bodensatzes zu ihrem letzten Richter zu befoerdern.
So schwang die Tasche sanft vor und zurueck. Er erkannte sie als Brotzeitbeutel der Bundeswehr, mit etwas schwerem gefuellt. Der Unbekannte schritt weiter als Tickendes Uhrwerk vorwaerts, sanft waermten die zaghaften Strahlen der Sonne im Mai ihrer beide Ruecken. Dreckiger Schnee, von Abgasen schwarz eingefaerbt wurde langsam, fast unmerklich aufgeloest. Die Sonne zerhte an dem, einem Schwamm gleich, von Salz zerfressenen Haufen welche von orangen Schneeraeumern an den unpassendesten Stellen errichtet werden. Ueberall taten sich dunkle Pfuetzen auf, orientierungslos trieben drain kleine Eisstueckchen umher. Die feuchte Kaelte dran in seine ausgelatschten Addidas, ließ die Zehen ersteifen und verbreitete das unangenehme klamme Gefuehl im ganzen Koerper. Flackernd warfen nun am Straßenrand geparkte Autos ihre Schatten ueber den Ruecken des Manteltraegers, immer wieder unterbrochen von den hellen Sonnentrahlen. Yukow runzelte die Stirn, kniff die Augen zusammen und betrachtete den Fremden mit raubtierhaften Blick. Es schien, als wuerde wo sich Schatten und Licht treffen, nur fuer einen winzigen Moment der Koerper des Huttraegers verschwinden, unsichtbar werden. Einem zaehen Milchglas gleich verschwammen die Umrisse, Yukow's Blick konnte seinen Koerper durchdringen. Erschrocken und verstoert zugleich schrechte der junge Kerl aus seinen Fantasien hoch, schuettelte den Kopf und warf wieder einen Blick auf den schwarzen Ruecken. Alles normal. Die Passanten? Scheinen nichts dergleichen gesehen zu haben. Alles nur Einbildung, vielleicht sollte er heute mal frueher ins Bett gehen. Und weiterhin hallten die Schritte der Holzabsaetze ziellos zwischen den Gassen umher.
Er hatte etwas geahnt doch es ging zu schnell, kam unglaublich plötzlich ueber ihn. Noch eben klangen die Stiefel ruhig auf grau-rotem Pflaster vor einem Geschaeft. Der Fremde wirbelte herum, die Tasche schwang an seiner rechten Hand nach aussen und fuer einen Lidschlag lang konnte Yukow den runden, starren Blick einer altmodischen Sonnenbrille sehen. Der olivgruene Brotzeitbeutel flog im gestreckten Bogen zielsicher durch die halbgeoeffnete Glastuer des Ladens. Als waere nichts gewesen klappern die Sohlen wieder ruhig auf dem Pflaster, verlassen mit zwei Schritten den Sichtbereicht der Schaufenster und biegen um die abweisende Ecke eines mehrstoeckigen Hauses. Yukow wurde von den Fuessen gerissen, ein gewaltiger Schlag unsichtbarer Faeuste trafen seinen Koerper mit woller Wucht. Der Leib des Studenten wurde nach hinten ueber die Strasse geschleudert, Glassplitter, Papierfetzen und Blechteile bildeten die Vorhut fuer eine gleissende Stichflamme.
Der Gefuehl von einer Abrissbirne getroffen zu sein macht sich langsam in allen Gliedern breit. Die Brust fuehlt sich zermatscht, als waeren alle Rippen nach innen gebogen und haetten die Organe aufgespiesst. Die Krankenhausdecke raschelte. Geduldig fielen die Tropen in dem halbdurchsichtigen Plastikzylinder, ueber die transparente Silikonroehre zu der pinkfarbenen Nadel in seinem Arm. Haare versengt, blaue Flecken, Augenbraun weg und mehrere Blechsplitter in seiner Brust war die Bilanz an diesem Abend. Doch es gab auch etwas positives, denn ab jetzt wuerde er Lernen. Denn nun hatten die in verdummte Worte gepackten juristischen Weisheiten einen Sinn. Yukow wuerde Richter werden.